Grausamer Atlantik: Roman by Monsarrat Nicholas

Grausamer Atlantik: Roman by Monsarrat Nicholas

Autor:Monsarrat, Nicholas [Monsarrat, Nicholas]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783807500027
Google: S35lAwAACAAJ
Herausgeber: Wissen-Verl.-Ges.
veröffentlicht: 1988-12-31T23:00:00+00:00


Schiff lag nun bereits zwölf Stunden als starres, wehrloses Ziel – alle dachten wohl noch an Sorrel, denn in dieser Gegend hatte es die ereilt. War es da ein Wunder, wenn sich bei den Leuten die Nervenstränge bis zum Zerreißen spannten, so daß sie nur mühsam und zitternd Haltung zu bewahren vermochten?

Er ging nach vorn und setzte sich stumm wieder in die Ecke. Ferraby war schuldlos an seiner Verfassung: für die überspannten Nerven konnte er ihm ebensowenig einen Vorwurf machen wie einem neugeborenen Kind, wenn es weniger wiegt als erwartet. Der Krieg hatte ihn so geboren. Aber im Unter-bewußtsein spürte er einen merkwürdigen Neid. Ihn irritierte der Gedanke, welche ungeheure Erleichterung es wäre, wenn er sich einmal gehen lassen dürfte, die starre Maske des überlegenen Könnens abwerfen und der ganzen Welt, wenn es sein mußte, seine Müdigkeit oder seine Furcht zeigen ›Gibraltar‹, mußte er plötzlich denken: ›dort habe ich mich aufgegeben. Lockhart hat es gesehen. Aber da war es der Alkohol gewesen, Alkohol und Schuldbe-wußtsein, weiter nichts. Und das soll nicht wieder passieren, jedenfalls jetzt nicht.‹ – In der Finsternis wartend, den Blick auf die kleinen, silbrigen Wellen gerichtet, die im Mondlicht schimmerten, festigte er sich wieder.

Nur einmal in dieser Nacht wurde ihr gespanntes Wachen unterbrochen, und alle wurden in Schrecken versetzt. In die Stille nach Ablösung der Wache zu Mitternacht, als nur das leise Klatschen der See an der Bordwand hörbar war, platzte jäh ein lautes Gehämmer unten im Schiff, eine ganze Reihe schwerer Schläge, die Compass Rose erdröhnen ließen. Jeder blickte verstört seinen Nebenmann an, als müsse er bei ihm Beruhigung suchen, und insgeheim verfluchte jeder die im Maschinenraum arbeitenden Männer, weil sie in allen wieder die Angst und den Haß auf diesen Zustand weckten. Der Lärm mußte ja meilenweit zu hören sein –!

Auf der Brücke wandte sich Ericson an Morell, der gerade die Wache ü-

bernommen hatte. »Gehen Sie doch ‘mal zu Watts ‘runter«, sagte er schroff.

»Er soll das Hämmern unterlassen oder dämpfen. Wir können uns solchen Spektakel nicht erlauben.« Als Morell gehen wollte, fügte er, weniger dienstlich, hinzu: »Sagen Sie ihm auch, daß der Torpedo ihn zuerst trifft.«

›Da hat er vollkommen recht‹, dachte Morell, als er die verschiedenen Ei-sentreppen in den Unterleib des Schiffes hinabstieg: wer sich in solchen Stunden unter die Wasserlinie begab, hatte das Gefühl, wissentlich ins eigene Grab zu steigen. Die kameradschaftliche Bewunderung konnte er den Männern nicht versagen, die dort, drei Meter unter der Meeresfläche, stundenlang hintereinander arbeiteten. Gewiß: das gehörte zu ihrem Dienst, wie es manchmal zu seinem gehörte, frei auf der Brücke stehenzubleiben, wenn ein Flugzeug das Schiff mit Maschinengewehrfeuer bestrich. Aber das kaltblüti-221



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